Staatsanwaltschaft muss aus ihren Fehlern lernen

Ein grosser Teil der SP-Fraktion hat sich heute bei der Wahl des ersten Staatsanwalts enthalten. Sie bringt damit deutlich zum Ausdruck, dass sie eine Umsetzung der Empfehlungen aus dem Bericht der Aufsichtskommission der Staatsanwaltschaft 2020/2021 erwartet. Die Staatsanwaltschaft muss die Prioritätensetzung hinterfragen und den Dialog verbessern.

Heute hatte der Grosse Rat den ersten Staatsanwalt sowie die leitenden Staatsanwält:innen für die Amtsdauer 2023-2028 zu wählen. Ein grosser Teil der SP-Fraktion enthielt sich der Stimme. Damit bringt sie ihre deutliche Unzufriedenheit mit einem Teil der Arbeit der Staatsanwaltschaft in den letzten Jahren zum Ausdruck. Die SP-Fraktion verlangt, dass die Empfehlungen der Aufsichtskommission ernst genommen und umgesetzt werden.

Rechtsextreme «objektiv nicht mit derselben Dringlichkeit» verfolgt

Inakzeptabel ist für die SP-Fraktion die Prioritätensetzung bei der Strafverfolgung von Demonstrierenden im Nachgang der Demonstration der PNOS und der entsprechenden Gegendemonstration im November 2018. Die Staatsanwaltschaft hätte sich gemäss ihrer eigenen Aufsichtskommission selbst «in ein ungünstiges Licht gebracht», weil sie die Gegendemonstrant:innen «mit grossem Aufwand und in einer grossen Anzahl von Einzelverfahren zur Rechenschaft zieht und harte Strafen fordert», während sie die Rechtsextremen «objektiv nicht mit derselben Dringlichkeit» verfolgte. Die Aufsicht hielt fest, dass es «erklärungsbedürftig» sei, dass die Angestellten der Kantonspolizei und  des Nachrichtendienstes nicht auf die Idee kamen, ein Verfahren wegen Rassendiskriminierung anzustreben, obwohl es sich sogar um ein Offizialdelikt handelt (Quelle: Bericht der Aufsichtskommission Staatsanwaltschaft über ihre Tätigkeiten und Feststellungen für das Jahr 2020 / 2021). Die SP-Fraktion akzeptiert nicht, dass erst der öffentliche Druck, insbesondere durch den schweizerischen israelitischen Gemeindebund, zu einem (mittlerweile rechtskräftigen) Strafbefehl gegen den antisemitischen Redner der PNOS geführt hat. 

Prioritätensetzung hinterfragen und Dialog mit Anwaltschaft verbessern

Es gibt weitere Fälle mit einem politischen Kontext, wie z.B. den Antrag auf Immunitätsaufhebung einer Basler Nationalrätin, die ein schlechtes Licht auf die Arbeit der Staatsanwaltschaft werfen. Die SP-Fraktion erwartet, dass die Prioritätensetzung in diesen Fällen mit dem Regierungsrat geklärt wird, wie es die Aufsichtskommission empfiehlt. Dazu gehört auch die Schaffung eines Instrumentes zur frühzeitigen Erkennung des Geschädigten- und/oder öffentlichen Interesses in sensitiven Fällen. 

Zudem empfiehlt die Aufsichtskommission der Staatsanwaltschaft, «anlässlich des periodischen Austauschs mit der Anwaltschaft die Frage zu klären, wie weit gesteigerte Beschwerdeerhebungen eine Reaktion auf die generelle Verfahrensführung durch die Staatsanwaltschaft sind und/oder ob es andere generelle Ursachen gibt, die durch Dialog entschärft werden könnten.» Dies aufgrund der Einschätzung der Staatsanwaltschaft, «dass die Verfahren generell aufwändiger geworden seien, unter anderem weil die Angeschuldigten und ihre Rechtsvertretungen in vielen Fällen von den ihnen zustehenden Rechten teilweise exzessiv Gebrauch machen würden, wodurch (…) zum Teil erhebliche Mehrarbeit entstehe, was wiederum zu Verzögerungen beim Abschluss der Verfahren führe.» Die SP-Fraktion erwartet hier, auch im Sinne der Verfahrenseffizienz, eine Verbesserung des Dialogs mit der Anwaltschaft. 

Aufgrund der noch kurzen Amtsdauer des obersten Staatsanwaltes gesteht die SP-Fraktion der Staatsanwaltschaft noch Zeit zu, obenstehende Erwartungen zu erfüllen und hat ihrer Unzufriedenheit mit der Stimmenthaltung Ausdruck gegeben.

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