Beim Thema Betteln müssen die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung ebenso respektiert werden wie die Grundrechte der Bettelnden. SP, Grüne und BastA! unterstützen deshalb Begleitmassnahmen für einen menschenwürdigen Umgang mit den Armutsreisenden, wie sie die Motion Bothe fordert. Statt Armut erneut zu kriminalisieren und die Haltung “aus den Augen, aus dem Sinn” zu verfolgen, fordern die beiden Fraktionen einen integrierten Aktionsplan: Neben einer Bettelordnung sollen auch Begleitmassnahmen in den Bereichen Sozialpolitik und Anti-Diskriminierung ergriffen werden. Die Fraktionen SP und GAB reichen dazu ergänzende Vorstösse ein.
Zu umfassendes Verbot
Der Regierungsrat bemüht sich zwar mit seiner Vorlage, eine EMRK-konforme Umsetzung vorzuschlagen. Für SP, BastA! und Grüne sind die Strafbestimmungen aber zu weit gefasst und unverhältnismässig. Zwar heisst es im Ratschlag der Regierung, dass Betteln nur verboten sei, wenn dabei die öffentliche Sicherheit, Ruhe und Ordnung gestört werde. Der im vorgeschlagenen Gesetzesartikel enthaltene umfassende Katalog bedeutet aber de facto ein flächendeckendes Verbot. Ein Gesetz über das Betteln muss aus Sicht der Fraktionen SP und GAB die Interessen und Menschenwürde aller, also auch der Armutsbetroffenen, berücksichtigen. Menschen, die sich offensichtlich in einer verletzlichen Situation und Not befinden, müssen die Möglichkeit haben, auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Die Regierung schränkt diese Möglichkeit mit dem breiten Verbotskatalog sehr weitgehend ein. Die Fraktionen von SP und GAB zweifeln daran, dass dies vor dem EGMR Bestand hätte.
Gegenvorschlag für eine Bettelordnung
Die beiden Fraktionen bringen deshalb in der Ratsdebatte vom 23. Juni 2021 einen Gegenvorschlag ein. Dieser berücksichtigt alle involvierten Interessen und legt damit den Fokus auf eine EMRK-konforme Regelung. Konkrete Vorgaben für ein Miteinander von Bettelnden und Bevölkerung sollen innerhalb des gesetzlichen Rahmens vergleichbar der Regelungen der Strassenmusik in einer Verordnung (Bettelordnung) geregelt werden. Bestraft werden soll nach Ansicht von SP und GAB, wer wiederholt gegen die Vorgaben dieser Bettelordnung verstösst. Nicht-aggressives Betteln soll also grundsätzlich zulässig bleiben. Einzig dort, wo das konfliktfreie Miteinander es notwendig macht, kann Betteln auf verhältnismässige Art und Weise eingeschränkt werden. Die Grundzüge der Verordnung werden dabei im Gesetzesvorschlag von SP und GAB definiert.
Für weitere Auskünfte stehen zur Verfügung:
Pascal Pfister, GrossratSP 079 625 14 50
Thomas Gander, Fraktionspräsident SP 078 865 10 82
Lea Wirz, Grossrätin GAB 077 415 67 24
Tonja Zürcher, Fraktionspräsidentin GAB 078 842 43 49