Das Bundesparlament befasste sich bereits früher in diversen Vorstössen und Initiativen mit dem Thema der Individualbesteuerung bzw. der Ungleichbehandlung von verheirateten/eingetragenen Paaren gegenüber Konkubinatspaaren. Gerade auch vor dem Hintergrund der aktuellen Gleichstellungsbewegung und einem gesellschaftlich geforderten Diskurs über das Aufbrechen traditioneller Rollenverständnisse und Familienbilder, ist es angezeigt auch in steuerrechtlichen Themen endlich einen Schritt vorwärts zu gehen. Das geltende Steuersystem begründet auf dem überholten Alleinernährer-Modell.
Tatsächlich verhindert dieses Steuermodell sogar das Fortschreiten gelebter Gleichstellung und Gleichberechtigung: Rechtsgleichheit wie sie von der Verfassung in Art. 8 verlangt wird, wird nicht gewährleistet, wenn die verheiratete Durchschnittsverdienerin 50% mehr Einkommenssteuern und Sozialabgaben leisten muss als die unverheiratete Durchschnittsverdienerin.1 Verheiratete Frauen werden somit aufgrund des Zivilstands – ihrer Lebensform – diskriminiert. Die Folgen sind oft Rückzug und Ausscheiden von Frauen aus dem Arbeitsmarkt. Damit einher gehen Karrierestopp, finanzielle Abhängigkeit und Altersarmut.
Der Kanton Basel-Stadt hat zwar die Heiratsstrafe abgeschafft, aber die auf Bundesrecht begründete Ehepaarveranlagung bleibt. Die Antragsstellerin Toya Krummenacher sagt dazu: «Ich bin nicht das Anhängsel der Steuernummer meines Mannes! Ich fordere, die mir zustehende und meiner Lebensform entsprechende eigene Identität und Existenz – auch steuerrechtlich!» Die SP-Fraktion ist sehr erfreut, dass diese Haltung gestern auf eine breite politische Unterstützung im Grossen Rat stiess: Sämtliche Parteien ausser der SVP tragen die Forderung nach einer Individualbesteuerung mit.
Allerdings liegt es in der Hand der Bundesparlaments hier die notwendigen Schritte zu unternehmen, nur dann können die Kantone entsprechende Anpassungen im kantonalen Steuerrecht vornehmen. Die Forderung aus den Kantonen nach Individualbesteuerung muss deshalb gestellt werden, damit der Auftrag an das Bundesparlament zur rascheren Umsetzung deutlich wird. Und sie wird gestellt, nicht nur in Basel-Stadt!
Den Antrag auf Einreichung einer Standesinitiative finden Sie in der Beilage.
1 (Quelle: Avenir Suisse, avenir debatte: Frauenfeindliche Familienbesteuerung: Welche Steuermodelle die Beschäftigung der Frauen fördern, Marco Salvi und Valérie Müller, Juni 2020)