Zünfte und andere Korporationen an Gleichstellung in Verfassung gebunden

Ein juristisches Gutachten der Universität Bern kommt zum Schluss, dass die Basler Korporationen wie Zünfte, Vorstadtgesellschaften oder Ehrengesellschaften gegen das Gleichstellungsgebot in Bundes- und Kantonsverfassung verstossen, wenn sie Frauen den Zugang verwehren. Nun möchte die SP von Bürgerrat und Regierungsrat wissen, wie sie im Weiteren mit dieser Erkenntnis umgehen.

Heute sehen die Organisationsreglemente der Basler Zünfte und anderen Korporationen grundsätzlich nur für männliche Bewerber die Möglichkeit einer Mitgliedschaft vor. Die einzelnen Zünfte und andere Korporationen können auf eigenen Beschluss Frauen den Männern gleichstellen. Frauen können sich also nur um die Mitgliedschaft bewerben, wenn die entsprechende Zunft zuvor beschlossen hat, ihr die Möglichkeit zur Bewerbung (nicht direkt zur Aufnahme!) einzuräumen. 

Juristische Untersuchung zeigt: Bürgergemeinde darf Männerkorporationen nicht dulden

In einer neuen Studie stellen renommierte Staatsrechtlerinnen der Universität Bern die Verfassungsmässigkeit der Reglemente der Basler Zünfte, der Vorstadtgesellschaften Grossbasels, der Drei Ehrengesellschaften Kleinbasels und der Bürgerkorporation Kleinhüningen infrage. Laura Bircher und Prof. Judith Wyttenbach vom Institut für öffentliches Recht an der juristischen Fakultät der Universität Bern haben ein Gutachten im Auftrag der SP Basel-Stadt verfasst. Sie weisen darin nach, dass die Regelungen betreffend Zugang zu Basler Zünften und zu den anderen Korporationen mit der Bundesverfassung und mit der Kantonsverfassung Basel-Stadt unvereinbar sind. Konkret verstossen sie gegen die Gleichstellungsartikel der beiden Verfassungen. Die Juristinnen entkräften auch das Argument, die Korporationen nehmen keine öffentlichen Aufgaben wahr und seien deswegen nicht an den Gleichstellungsartikel gebunden. Die Bürgergemeinde, welche die Korporationsordnungen erlässt, ist als öffentliche Körperschaft bei all ihren Aktivitäten – also auch der Aufsichtstätigkeit über Zünfte etc. – an die verfassungsrechtlichen Vorgaben gebunden. Hinzu kommt, dass diese Regelungen auch mit Blick auf das von der Schweiz ratifizierte UNO-Frauenrechtsübereinkommen problematisch sind.

SP-Vorstösse in Gross- und Bürgergemeinderat

Die SP Basel-Stadt sieht sich mit der Deutlichkeit des Gutachtens in ihrer Haltung gestärkt. Sie reicht sowohl im Bürgergemeinderat als auch im Grossen Rat Vorstösse ein, um zu erfahren, wie Bürger- und Regierungsrat auf diese wissenschaftlichen Erkenntnisse reagieren. Bürgergemeinderat Alex Klee möchte vom Bürgerrat wissen, wie er als Aufsichtsbehörde über die Zünfte und andere Korporationen gedenkt, Bundes- und Kantonsverfassung sowie das UNO-Frauenrechtsüberein­kommen umzusetzen. Grossrätin Danielle Kaufmann erfragt beim Regierungsrat, ob er als Aufsichtsorgan über die Bürgergemeinde Schritte in die Wege leite, falls die Bürgergemeinde das verfassungswidrige System nicht ändere.

Die SP Basel-Stadt setzt sich seit jeher für die Gleichstellung von Frauen und Männern ein. Dies ist ein weiterer Schritt, um der rechtlichen und tatsächlichen Gleichstellung, wie es die Bundesverfassung seit 1981 vorsieht, näher zu kommen.

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